Die Nachtwächtergruppe

Damals wie heute gehört die Nachtwächtergruppe zu den Eckpfeilern der Waldseer Fasnet.
Die Gruppe geht auf das Jahr 1925 zurück, belegt durch einen Zeitungsbericht vom 19.2.1925 in dem es heißt:“ Nun ist sie endlich da, die lang ersehnte Fasnacht.“ Offiziell wurde sie heute morgen eröffnet durch den Büttel in Begleitung des Nachtwächters, und grauenerweckend waren die Drohungen „Todesstrafe nicht unter 5 Jahren ….“

Anlässlich einer Vorfasnachtsversammlung des damaligen Narrenvereins wurde 1925 der Elferrat gegründet und aus ihrer Mitte gingen der Büttel und den Nachtwächter hervor, die Anfangsformation der Nachtwächtergruppe.
Im Jahr 1935 kam noch der Tambour , der Trommler, hinzu – die Nachtwächtergruppe hatte nun ihre endgültige Gestalt als „Dreigestirn“: Joseph Werner als Büttel, Fritz Wieland als Nachtwächter und Karl Linder als Tambour. Die Gruppe ging damals wie heute durch alle Lokale der Stadt um ihre öffentlichen Bekanntmachungen unters Narrenvolk zu bringen; der berühmt gewordene Einleitungssatz dabei lautet: „Es ist eine Verleumdung wenn behauptet wird …..“. So werden durch das Schellen der Glocke die Narren zum Zuhören gebracht um nachfolgende humorvolle Episoden und Begebenheiten von Waldseern, der Obrigkeit oder der Kommunalpolitik lautstark zu verkünden.

Der Start der Nachtwächtergruppe in die Hauptfasnet beginnt am Narrenrechtabholen, am Mittwochabend vor der Fasnet. Auf dem Rathaus werden dann die ersten Anekdoten meist über den Bürgermeister und den Gemeinderat mit den Worten „Kund und zu wissen …“, verlesen.
Anschließend geht es in den „Grünen Baum“, wo Zunft-, -Gemeinderat und die politische Prominenz gemütlich beisammen sitzen und auf den Auftritt von Büttel, Trommler und Nachtwächter warten. Danach ziehen sie weiter von Gasthaus zu Gasthaus und überall werden die Drei schon sehnlichst erwartet um den neuesten witzigen Lokalgeschichten zu lauschen. So endet die erste Tour erst tief in der Nacht, beim Hexentanz um Mitternacht!

Tags darauf am Gumpigen Donstig trifft man sich in aller früh beim Ehrenzunftmeister, Figaro seines Zeichen, um sich für den wichtigsten Tag in der Waldseer Fasnet „aufzustraußen“. Sollten dabei noch Spuren der vorangegangenen langen Nacht zu sehen sein, werden diese überschminkt und mit falschen Bärten, wer keinen echten hat, kaschiert. Und dann geht’s richtig los:
Schlag 8 Uhr marschieren sie unter schrillem Geschelle und lautem Trommeln durchs Wurzacher Tor stadteinwärts. Den ganzen Vormittag wird nun in Behörden, Banken, Kneipen und hochnärrischen Zitaten die Menschen informiert und unterhalten. Das Dreigespann hat dann schnell die ganze Narrenstadt fest im Griff. Auch für die nötige Grundlage wird in den Häusern gesorgt um für die körperlichen und verbalen Strapazen gewappnet zu sein: frische Saitenwürste, Tatarbrötchen, Leberspätzlesuppe und Kalte Ente schaffen dabei die besten Voraussetzungen den Tag auch „Vinotechnisch“ gut zu überstehen.
Die dritte Tour am Fasnetsmontag beginnt mit dem Umzug und endet im frühen Morgengrauen wenn die Stimme dann so richtig heiser ist. Ein weiterer wichtigen und überdies auch noch offizieller Programmteil bildet die Verleihung des bei der närrischen Damenwelt überaus begehrten „Kußordens“. Die Krönung hierbei ist der „Triagonale-Nachtwächtergruppen-Kuß, der schon so manches Herz in der kalten Jahreszeit zum Schmelzen gebracht hat – diese Szenen kann man nicht beschreiben, daß muß man sehen oder besser erlebt haben!
Der wirklich letzte Auftritt schließlich ist am Fasnetsvergraben „wenn die Glocke Trauer trägt“ und dann „isch wirklich gar als aus“.
Es sind zwar anstrengende Tage, aber den Mitwirkenden macht dies alles unheimlichen Spaß und das schon beim Sprüchemachen vor der Fasnet, wenn das Programm zusammengestellt wird. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, daß in der über 80-jährigen Tradition der Gruppe dieses „Dreigestirn“ meist länger als 10 Jahre zusammenbleibt und so Fasnetsgeschichte geschrieben bzw. geschrien hat.
Die Aktiven der Nachtwächtergruppe sind heute Büttel Franz Müller, Nachtwächter Thomas Bohner und Tambour Achim Bregler.