Die steinernen Treppen ins Rathaus empor bis zu den Türen des schönen Saales bahnen sich die Zunfträte ihren Weg und marschieren unter lautem Schreien des Narrenrufes in den Sitzungssaal ein und nehmen an den Tischen der Gemeinderäte im Innern der aufgebauten Tischformation ihre Positionen ein. Der Zunftmeister und sein Zeremonienmeister stellen sich dabei am Kopf der Tafel zu beiden Seiten des Bürgermeisters auf, bevor sie allesamt vom Bürgermeister dazu aufgefordert werden die müden Glieder in den Stühlen nieder zu lassen. Dem Angebot folgend lauschen die närrischen Abgeordneten der Narrenzunft Waldsee den Worten des jetzt abzusetzenden Oberhauptes der Stadt, der den entsprochenen Wunsch zur Regierungsübernahme in diesem Kreis nun offiziell wiederholt. Diesen Worten folgt der Zunftmeister, der damit faktisch zum Oberhaupt der gesamten Stadt Bad Waldsee wird, mit seinem Dank und der Ankündigung die „totale Regierungsgewalt vom gumpigen Dunstig über den bromigen Freitag und den schmalzigen Samstig bis Aschermittwoch auszuüben“.
Doch müssen derartig gewichtigen Ereignisse entsprechend mit Brief und Siegel bekräftigt werden, was mit einer Urkunde im traditionellen Format mit Unterschrift und Kerzenwachs bestätigt wird. Die darin enthaltenen Worte werden nach der Unterzeichnung dann vom Bürgermeister verkündet
Kund und zu Wissen,
Aus den Urgichten ist uns bekannt, dass in unserer alten Stadt der Federle heimisch war. Auch Schrättele und Schorrenweible, Narro und Faselhannes beweisen, dass uraltes Brauchtum und Volksgut in Waldsee lebendig geblieben ist. Dies schöne Erbe soll stets durch die hochachtbare Narrenzunft weiter gepflegt und der Nachwelt überliefert werden. Der Bürgermeister und der Magistrat verbriefen hiermit den gefassten Beschluss: Vom gumpigen Dunstig bis zum Aschermittwoch herrsche in Waldsee Narrenrecht und Narrenfreiheit, Wir, Bürgermeister und Magistrat, übertragen untertänigst alle Gewalt in dieser Narrenstadt während dieser Zeit dem Zunftmeister und seinen Räten. Dessen zur Beurkundung gegeben im Namen des Magistrats am Mittwoch vor der Fasnet“
Durch eine abschließende Bestätigung des Beschlusses durch den Gemeinderat in Form des Aufstehens, dem sich die machgewohnten Lokalpolitiker natürlich nicht durchgehend anschließen können, wird die offizielle Übernahme der Macht durch die Narren vollzogen.
Doch noch muss ein symbolischer Schritt vollzogen werden und eine Insignie der Macht, das Barett entschwinden. Das Bild des Strohhutes als Zeichen der Machtlosigkeit des Bürgermeisters vollführt dies auf anschauliche Weise mit den Worten des Zeremonienmeisters an den Bürgermeister gerichtet: „Das Barett muss endlich weichen, der Strohhut sei das äußere Zeichen.“ Dieser Reim Vers bildet die finale Übergabe und ist das Zeichen der neuen Machtverhältnisse in der Stadt.